„Und jeder Schritt des Wandrers ist bedenklich“
Eine Wanderung durch die Motivgeschichte
O wandern, wandern meine Lust!
Herr Meister und Frau Meisterin
laßt mich in Frieden weiterziehn und wandern!
(Wilhelm Müller)
Von wegen Wanderlust – einen schönen Schwindel hat der Dichter der Nachwelt da aufgetischt. Jener fröhlich wandernde Müller ist eine freie Erfindung der Kunst, der Literatur vor allem. Mit den historischen Handwerksburschen auf der Walz hat der Mythos, der den Wanderer und die Kulturpraxis des Wanderns umgibt, nichts gemeinsam, im Gegenteil: bis weit in das 19. Jahrhundert hinein fehlte dem „Unterwegs-Sein“ jeder Hauch von Romantik. Viele Berufsgruppen waren aus ökonomischem Zwang auf ständige Fußmärsche von Ort zu Ort angewiesen. Tagelöhner und Kleinhändler, Spielleute und fahrende Künstler mußten sich Kundschaft oder Arbeitgeber erwandern. Gerade die Handwerksburschen waren keineswegs aus Spaß an der Freude auf der Walz, wie manches romantische Volkslied glauben machen will. Sie folgten einfach den zwischen dem 14. und 17. Jahrhundert geltenden Zunftregeln, die eine mehrjährige Lehrzeit außerhalb des Heimatbezirkes vorschrieben. Ihnen ging es nicht um das Unterwegssein, sondern um das Ankommen. An einem Ort, der Arbeit und Einkommen sicherte.
Der singend wandernde Müller ist das markanteste Beispiel jener romantischen Verklärung der Wanderschaft, die nachhaltige Spuren in unserem Bewußtsein hinterlassen hat. Beim Stichwort „Wanderer“ haben wir unwillkürlich Schuberts Lieder im Ohr, Caspar David Friedrichs „Wanderer über dem Nebelmeer“ vor Augen, Eichendorffs „Taugenichts“ im Sinn. Instinktiv denken wir an einen jungen Mann – Damen gehen allenfalls spazieren. Er trägt rustikale Bekleidung, mit Wanderschuhen und leichtem Gepäck. Vielleicht einen Stock in der Hand. Und natürlich bewegt er sich nicht zwischen Fabrikhallen und Häuserschluchten, flaniert nicht durch die Straßen einer Großstadt, sondern durchwandert die Wälder und Auen einer unberührten Naturlandschaft.
Der spezifisch deutsche Topos des romantischen Wanderers war so bildmächtig, daß er eine vielfältige, bis in die Antike zurückreichende Tradierung des Mythos in der europäischen Kulturgeschichte überlagern und unser Bild vom Wanderer bis heute konturieren konnte. In der emblematischen Überlieferung aber stand das Bild je nach Epoche, nach Zeitgeschmack und Befindlichkeit für Sehnsucht, Freiheit, Suche, aber auch Ruhe- und Heimatlosigkeit. Vor allem wurde Wanderschaft immer wieder als Sinnbild des Lebens gedeutet, der Mensch als homo viator, als Wanderer auf dem Weg ins Jenseits: das Auf und Ab des Lebens gleicht den Höhen und Tiefen, den Freuden und Nöten einer Wanderung. Sie hält die prachtvolle Schönheit der Natur, Gastfreundschaft fremder Menschen und Augenblicke der Besinnung, manchmal aber auch Gefahr und Bedrängnis bereit. Wiederkehrende Stationen auf dem Weg des Wanderers sind Ausfahrt, Wegsuche und Einkehr. Seiner Umwelt gegenüber findet er sich in immer neuen Situationen, durch gesuchte oder zufällige Begegnungen, Ereignisse, Begleiter, durch die fortschreitende Entfernung von der Heimat oder Annäherung an das Ziel. Ihn erwartet das Unbekannte, das er als weltoffenes Wesen bewußt sucht. „Der Mensch hat keine so einförmige und enge Sphäre“, meinte Herder und zielte damit einerseits auf die Befähigung, andererseits auf das Bedürfnis des Menschen, Erfahrungsbereiche außerhalb des unmittelbaren Lebenszentrums zu erobern. Um das Fremde zu erkunden und in der Auseinandersetzung mit dem Fremden sich selbst kennenzulernen.
Immer sind es Menschen mit einer bestimmten Disposition, die sich auf Wander-schaft begeben. Sie alle sind ruhelose Sucher, aus ganz unterschiedlichen Gründen bereit, die Heimat zu verlassen. Motivgeschichtlich bilden sich zwei große Gruppen. Jene Wanderer, die freiwillig, aus Weltneugier und Abenteuerlust frohen Mutes unbeschwert hinausziehen. Ihnen ist das Unterwegssein eine innere Bereicherung, die Bewegung in der Fremde ein Genuß. Und die anderen, die vertrieben wurden, fliehen müssen oder aus innerer Qual, aus verzehrender Sehnsucht nach der Ferne weniger hinaus wollen als vielmehr nicht bleiben können.
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Mit Odysseus begegnen wir dem ersten Wanderer der europäischen Kulturgeschichte. Seine Irrfahrt und die glückliche Wiederkehr hat zahllose Variationen in Epos, Ballade und Roman erfahren. Als Urbilder berichten die Bibel von Kain, der mit Wanderschaft gestraft ist, die jüdische Tradition von Ahasver. Schon diese ersten Wanderer sind unfreiwillig unterwegs, von einer göttlichen Instanz zur Wanderung verurteilt, auf der Suche nach einem Ort, der Erlösung gewährt – der Sonderweg des Pilgers deutet sich an.
Wanderschaft als Weg zur Vollendung – zunächst einer Kunst, später zum vollendeten Menschsein –, diese Deutung erwies sich als besonders fruchtbar für die Literatur. Das mittelalterliche Epos etabliert wandernde Helden, die ihren „hohen muot“ in Kämpfen und Proben unter Beweis stellen müssen. Parzival zieht als „tumber tor“ in die Welt hinaus und wächst durch die Begegnung mit Leiden, durch Irrtümer und Zweifel weit über die erstrebte höfisch-ritterliche Meisterschaft hinaus. Im Jahrhundert des Humanismus, mit der Blüte der Handwerkszunft, avanciert der schon erwähnte wandernde Geselle zur literarischen Figur. Er zieht aus, um Erfahrungen zu sammeln, sein Können bei fremden Meistern zu perfektionieren, sein Wissen an berühmten Schulen zu erweitern. Zur gleichen Zeit kommt der Schelmenroman in Mode. Als Protagonist betritt ein jugendlicher Schalk vom Schlage Till Eulenspiegels die literarische Bühne, der von einem Ort zum andern wandern muß, um den Folgen seiner Übeltaten zu entgehen. Noch in der Barockdichtung spielt die Figur dieses unfreiwilligen Vagabunden eine wichtige Rolle. Die Tradition des Pikaro-Romans lebt weiter, und mit ihr der skrupellose Schelm aus dem Volke, der sich gerissen durch die Welt schlägt. Allerdings bleibt die Wanderschaft auch weiterhin Chiffre für Unbeständigkeit und Verwirrung: wohin sich Grimmelshausens Simplicissimus auf seiner Wanderschaft während des Dreißigjährigen Krieges auch wendet, überall trifft er auf Tod, Laster und Verbrechen.
Die entscheidende Wende kommt im 18. Jahrhundert. Das entstehende und aufstrebende Bürgertum entdeckt die Wanderschaft als freiwillige Unternehmung und als lehrreiche Freizeitbeschäftigung. Wandern erhält eine neue und bis heute tragfähige Bedeutung: das Individuum sucht aus eigenem Antrieb außerhalb seines heimatlichen Lebensraumes nach Bildungskräften, nicht um einer Kunst oder des Broterwerbes willen, sondern um sich selbst zu erproben und zu vervollkommnen. Sinne und Erfahrung werden zur Quelle der Erkenntnis; die Begegnung mit der Natur, mit fremden Gegenden und Menschen leistet objektiven Zugewinn für das Weltverständnis. Es ist die große Zeit des Bildungsromans. Und wer sich bilden will, muß die vertraute Heimat verlassen. Als erster läßt Karl Philipp Moritz seinen Anton Reiser, dessen Name Programm ist, unstet von einem Ort zum anderen ziehen. Ein ambulantes Schulzimmer hat er bei sich, exakte Wanderkarten, ein tragbares Tintenfaß und das Oktavheft, in dem das Geschaute schriftlich fixiert, geordnet und bewahrt wird. Goethes Wilhelm Meister folgt ihm auf dem Fuß: die Wanderung ist am Ende des Jahrhunderts als das pädagogische Instrument zur bürgerlichen Charakterbildung etabliert.
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Die Wanderjahre sind nun angetreten,
Und jeder Schritt des Wandrers ist bedenklich.
(Johann Wolfgang von Goethe)
Die eigentümliche Doppelnatur des Wanderns – Erkenntnisgewinn und physische Gefährdung – war dem Dichter Goethe aus eigener Erfahrung vertraut. Ein ganzes Leben lang hat er ausgiebige Wanderungen unternommen, darunter alleine drei Gotthard-Besteigungen. Sein dichterisches Werk erfaßt alle typologischen Spielarten des Wanderns, vom ziellosen Schweifen über Flucht bis hin zur Auswanderung ganzer Gesellschaften. Seit den Jugendjahren bekennt und literarisiert Goethe immer wieder die innere Zerrissenheit zwischen dem Bedürfnis nach bürgerlicher Häuslichkeit und dem Fluchtreflex in die Ferne. Er selbst flüchtet sich mehrfach vor Bindungen in ausgedehnte Wanderschaften, vor einer drohenden Ehe in die Schweiz, später vor den beengenden Weimarer Verpflichtungen nach Italien. Und dennoch läßt er seinen Werther bekennen: „So sehnt sich der unruhigste Vagabund zuletzt wieder nach seinem Vaterlande, und findet in seiner Hütte, an der Brust seiner Gattin, in dem Kreise seiner Kinder, in den Geschäften zu ihrer Erhaltung die Wonne, die er in der weiten Welt vergebens sucht.“
In Weimar, in der bewußten Beschränkung auf die bürgerliche Existenz, gewinnt das Motiv neue Konturen. Der Geheimrat wandert immer noch gerne und weit, und gemeinsam mit Herzog August werden Fußmärsche von beeindruckender Dauer und beachtlichem Schwierigkeitsgrad unternommen. Auslösendes Moment ist die Suche nach Konfrontation mit der Welt. Die empfangenen Eindrücke bereichern und bestätigen das Weltbild der Wanderer im bürgerlichen Zeitalter. Nun zieht Wilhelm Meister in seinen Lehrjahren guten Mutes hinaus, um die Kunst des Lebens zu erlernen; jedes Irren führt ihn auf geheimnisvolle Weise näher ans Ziel. Der späte Goethe, der Europa im Kriegstaumel erlebt, verwendet auffallend häufig die Motivvariante der unfreiwilligen Wanderung. Wilhelm Meisters Wanderjahre zeigen, ebenso wie die Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten, eine ganze Gesellschaft in Bewegung, mobilisiert, entwurzelt. Seine literarischen Wanderer – und mit ihnen der Dichter selbst – vollziehen nun eine geistige Flucht aus der politisch, gesellschaftlich oder persönlich erschütterten Welt in die Sphäre der Kunst, der Poesie. Sie gewährt Geborgenheit, Kontinuität, Kultur, die Rettung jener klassischen bürgerlichen Ideale, die im zersplitterten und von Kriegen zerstörten Europa ihre Verbindlichkeit zu verlieren drohen.
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Welche Welten entwickeln sich im Gemüte, wenn die freie Natur umher
mit kühner Sprache in uns hineinredet, wenn jeder ihrer Töne
unser Herz trifft und alle Empfindungen zugleich anrührt!
(Ludwig Tieck)
Die Wanderungen der jungen Romantiker nehmen eine andere Richtung. „Nach innen führt der geheimnisvolle Weg“, heißt die Parole bei Novalis. Nicht objektive Welterfahrung, sondern subjektives Sich-Finden in der Natur, die zum Spiegel des eigenen Innern wird. Der Wanderer ist jetzt die Personifizierung romantischer Sehnsucht nach dem Unendlichen. Und zur unbestimmten Sehnsucht paßt das Wandern ins Blaue besser als eine zielgerichtete Fahrt. Deshalb unternimmt Eichendorffs Taugenichts eben keine Bildungsreise nach Italien, und die ausgedehnten Wanderungen der Freunde Tieck und Wackenroder am Rhein haben kein festes Ziel wie noch Seumes berühmter Spaziergang nach Syrakus. Der romantische Wanderer ist immer auf der Suche: nach einem unbekannten Glück, nach einer entfernten Geliebten, einem Seelenfreund. Ist er fündig geworden, sehnt er sich danach, erneut auszuziehen. „Sehnsüchtig sah ich jedem Wandersmann nach, der auf der Landstraße vorüberzog, wie wohl ist Dir, sagte ich, daß Du Dein ungewisses Glück noch suchst! Ich hab‘ es gefunden“, heißt es in Franz Sternbalds Wanderungen von Ludwig Tieck. Die Sehnsucht nach dem Fremden rührt aus einer Spannung im Innern des Menschen, sie ist äußere Signatur einer Suche nach dem Selbst, dem Sinn der Existenz. Gleichzeitig wird als eigentliches Ziel der Wanderung der Tod geschaut: Bei Novalis antwortet Heinrich von Ofterdingen auf die Frage, wohin die Wanderschaft führe: „Immer nach Hause“, und der wandernde Sänger in Müllers Winterreise klagt: „Eine Straße muß ich gehen, die noch keiner ging zurück.“ So mischen sich auch pessimistische Töne in das romantische Bild. Wem es kalt ums Herz ist, dem erscheint die Landschaft trüb und trostlos, die Menschen feindlich. „Und was sie reden, tauber Schall, ich bin ein Fremdling überall“, heißt es in einem Lied des Dichters Schmidt von Lübeck als Variation der berühmten Winterreise-Verse „Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich wieder aus“.
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Entflohn sind wir der Stadt Gedränge
Wie anders leuchtet hier der Tag!
Wie klingt in unsre Lustgesänge
Lerchengesang und Wachtelschlag!
(Eduard Mörike)
Je trister das wahre Leben, desto unbekümmerter wandern die literarischen Helden geradewegs aus ihm heraus. Sie verlassen die Stadt, das heimatliche Dorf und verzichten auf die Insignien der bürgerlichen Existenz. Wanderstab und Laute statt Haus und Hof. „Das Leben der meisten ist eine immerwährende Geschäftreise vom Buttermarkt zum Käsemarkt; das Leben der Poetischen dagegen ein freies, unendliches Reisen nach dem Himmelreich“, verkündet der Dichter Faber in Eichendorffs Ahnung und Gegen-wart. Wanderschaft wird zum bewußten Affront gegen die häusliche Welt der Philister. „Die Trägen, die zu Hause liegen, erquicket nicht das Morgenrot, sie wissen nur vom Kinderwiegen, von Sorgen, Last und Not um Brot“, spottet Eichendorff im Gedicht Der frohe Wandersmann. Der anti-bürgerliche Tonfall schwindet allerdings mit der gescheiterten Revolution von 1848: auch literarisch zieht sich die Nation auf eine biedermeierliche Naturschwärmerei und, wie Thomas Mann bemerkte, „machtgeschützte Innerlichkeit“ zurück. Hier gewinnt der Mythos vom frohen Wandersmann eine ähnliche soziale Funktion wie der deutsche Wald und der Vater Rhein. Man unternimmt Vaterländische Wanderungen, erkundet und entdeckt die Schönheit der deutschen Landschaften. Eine Fülle von Sammlungen verbreitet das entsprechende Liedgut, das Liebe zur Heimat statt Lust auf Revolution wecken soll. Das Volkslied steht hoch im Kurs. Es lebt von der standardisierten Verwendung seiner Motive: fast immer bewegt sich ein wandernder Jüngling in heiter-beschaulicher Natur. Da klappern die Mühlen und rauschen die Wälder, dazu zwitschern bevorzugt Lerchen und Nachtigallen. Kostümzwang herrscht für den Wanderer: als Müllersbursche, Jäger, Vagant oder Spielmann zieht er durch die Lande, immer ein munteres Lied auf den Lippen.
Doch je näher die Jahrtausendwende rückt, umso brüchiger wird das romantisierte Wanderer-Bild. In einer industrialisierten Welt, in den wachsenden Großstädten mit ihren Fabriken, angesichts hungernder Arbeiter und arbeitsloser Handwerker wirkt der fidele Wandersmann fahl und unglaubwürdig. Er überlebt in der populären Gebrauchskunst bis in das Liedgut der Jugendbewegung hinein und nimmt an der Trivialisierung des Brauchtums vom „Wunderhorn“ zum „Wandervogel“ teil. Nicht viel später beginnt der Wanderer zu marschieren.
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Wir ziehen mit den dunklen Flüssen
hinauf, hinab den rauhen Weg.
Nun heißt die Heimat: Wandern müssen.
Die Schatten fallen lang und schräg.
(Rose Ausländer)
Im Roman und in der Lyrik des frühen 20. Jahrhunderts hingegen avanciert die Wanderschaft unter umgekehrten Vorzeichen zur zentralen Chiffre für die Suche nach Richtung in einer fremdgewordenen Welt. Der Einzelne irrt einsam, zurückgeworfen auf sich selbst, durch eine diffuse Wirklichkeit: „Seltsam, im Nebel zu wandern! Leben ist Einsamkeit. Kein Mensch kennt den andern, jeder ist allein“, formuliert Hermann Hesse die existentielle Erfahrung der Orientierungslosigkeit.
Zwei Weltkriege versetzen ganze Völker in Bewegung, Flucht und Vertreibung zwingen zum Verlassen der vertrauten Umgebung. Heimat wird zum Unwort, weil sie keine Beheimatung mehr birgt. Das Bild des Wanderers wird überblendet vom Bild des Auswanderers. Der alle Hoffnung auf Heimat, freundliche Aufnahme und glückliche Rückkehr fahren lassen muß. Brechts Flüchtlinge sind von Goethes Auswanderern vor allem durch die Aussichtslosigkeit, den Verlust jeder Hoffnung auf Wiederherstellung idyllischer Geborgenheit getrennt. Mit dieser Eintragung im kulturellen Gedächtnis, mit dem Wissen um die unzähligen Flüchtlinge unserer Tage, verdunkelt sich das romantische Wanderer-Bild. Was der Goethe-Zeit die gesellige Kultur, den Romantikern die Natur zu leisten vermochte – die Gegenwart hält keinen geistigen Fluchtpunkt für den Wanderer bereit.
© 1997 Christiane Krautscheid (heute Christiane Albiez; Erstabdruck: „…ich bin ein Fremdling überall.“ Publikation zum Wanderer-Zyklus des Berliner Philharmonischen Orchesters der Saison 1997 / 1998 herausgegeben von Sabine Borris, 11/1997, S. 9-20)